CleanClothesCampaign
Unsaubere Geschäfte
Wissenswertes über Nike
Maquiladora und Weltmarktfabriken
FairTrade repressed: die Kaffeekooperative MutViz
 
 

 

Neben den umstrittenen Sozialklauseln - internationale Abkommen auf Regierungsebene, die auf verbesserte Arbeitsbedingungen abzielen, die aber auch zum Schutz vor dem Wettbewerb des Südens eingesetzt werden können - hat sich in den letzten Jahren eine zivilgesellschaftliche Gegenstrategie entwickelt, die in der internationalen Clean Clothes Campaign (CCC) ihren fortschrittlichsten Ausdruck gefunden hat.

Die CCC entstand 1990 in den Niederlanden, mittlerweile haben sich die BRD, Belgien, England, Frankreich und die Schweiz angeschlossen. Via KonsumentInnen-Information soll Druck auf die großen Bekleidungshändler und Textilfirmen ausgeübt werden, damit diese auf die Einhaltung sozialer Produktionsstandards in den zuliefernden Weltmarktfabriken achten, zu der sie sich durch Unterzeichnung einer "Sozialcharta" verpflichten. Wichtigstes Druckmittel dabei ist die Furcht dieser Unternehmen vor einem Imageverlust und vor zurückgehenden Umsatzzahlen. Längerfristig ist an die Ausarbeitung von Fair Trade-Labels gedacht, deren Erteilung die Einhaltung von bestimmten Forderungen voraussetzt.

mehr infos: www.oneworld.at

 

Unsaubere Geschäfte
Kleiderfirmen auf der Anklagebank

von Claudia Thallmayer

Mit einem Schuldspruch für die Größen der Branche endete am 5.5.98 die Tagung des Permanent Peoples« Tribunal in Brüssel, das auf Initiative der Clean-Clothes-Kampagne die Praktiken der internationalen Bekleidungsindustrie unter die Lupe genommen hatte. Auf der Anklagebank standen -  auch stellvertretend für andere - die Giganten Nike, H&M, C&A, Otto-Versand, Adidas, Walt Disney und Levis. Claudia Thallmayer von der Frauensolidarität beobachtete das Tribunal.

Das Tribunal verurteilt die weitverbreiteten Arbeitsrechtsverletzungen in der Bekleidungs- und Sportbekleidungsindustrie und fordert Organisationsfreiheit, Kollektivverhandlungen, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, adäquaten Lohn, korrekte Behandlung sowie gesunde und sichere Arbeitsplätze. Im Schlußdokument heißt es: "Das Tribunal zu den Rechten von ArbeiterInnen und KonsumentInnen in der Bekleidungsindustrie verurteilt die Ausbeutung, Diskriminierung und sexuelle Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz, die 80% der Arbeitskraft in der Bekleidungsindustrie stellen. Es verurteilt den Einsatz von Kinderarbeit, die nach den erwähnten internationalen Abkommen sowie der Konvention über die Rechte des Kindes verboten ist und die trotz gegenteiliger Behauptungen der Unternehmer nach wie vor zum Einsatz kommt. Es verurteilt ebenso Zwangsarbeit, die nach der ILO-Konvention Nr. 29 verboten ist, und es verurteilt die gängige Praxis von führenden Bekleidungsunternehmen, nur deshalb Verhaltenskodizes einzuführen, um die tatsächlichen Arbeitsbedingungen zu verschleiern, KonsumentInnen irrezuführen und die nationalen Arbeitsrechte und Regulierungen, die strenger als die selbstauferlegten Verhaltenskodizes sind, zu unterlaufen."

Markenfirmen vor "Gericht"

Vorangegangen waren dem Urteilsspruch des Tribunals, das in den 70er Jahren von dem italienischen Intellektuellen Lelio Basso im Anschlu§ an die Russel-Tribunale begrŸndet wurde, die Analysen und Aussagen von GewerkschafterInnen, NGO-AktivistInnen, ArbeiterInnen und anderen ExpertInnen aus verschiedensten europäischen und "Dritte Welt"-Ländern. Zwei Tage lang wurde in neun verschiedenen Sprachen intensiv über die Folgen der Globalisierung der Bekleidungsindustrie diskutiert und lokale sowie international vernetzte Formen des Widerstands gegen Arbeitsrechtsverletzungen aufgezeigt.

Auch die Unternehmerseite war zur Anhšrung geladen, folgte aber der Einladung nicht, weil das Tribunal "einseitig" bzw. auf "Konfrontation" ausgerichtet sei. Nur die Sprecherin von H&M gab einige allgemein gehaltene Stellungnahmen ab, die die ZuhšrerInnenschaft Ÿberzeugen sollten, daß H&M von Arbeitsrechtsverletzungen in seinen Zulieferbetrieben selbst sehr schockiert sei und 1997 einen Verhaltenskodex ausgearbeitet habe, wobei dessen effektive Umsetzung allerdings noch etwas Zeit brauche. Im Ÿbrigen ließe H&M die Hälfte seiner Waren in Europa produzieren - u.a. in Rumänien, Ungarn sowie in der Türkei - wie die Sprecherin der schwedischen Clean-Clothes-Kampagne informierte.

Ob H&M, C&A, Nike oder andere...

Arbeitsrechtsverletzungen in den Zulieferbetrieben der Bekleidungsmultis sind weniger die Ausnahme denn die Regel, wie sich auf dem Tribunal zeigen sollte.

Da wären etwa die Arbeitsbedingungen von Frauen in einem Zulieferbetrieb von H&M in Bangladesch, wie sie Amirul Haque Amin von der bengalischen TextilarbeiterInnengewerkschaft beschrieb. Bei CPL (Consumer Product Limited) sind 12.000 ArbeiterInnen, zu 85% Frauen, beschäftigt. Der von H&M sich selbst auferlegte Verhaltenskodex, der Gewerkschaftsfreiheit, Mindestlšhne und Überstundenregelungen in den Zulieferbetrieben festschreibt, wird nicht eingehalten: Gewerkschaftlich organisierte ArbeiterInnen werden entlassen, die Lšhne liegen unter dem Mindestlohnniveau, Überstunden werden systematisch erzwungen (die gesetzlich vorgeschriebene maximale Wochenarbeitszeit inkl. Überstunden beträgt 60 Stunden, aber 80-Stunden-Wochen sind an der Tagesordnung) und nicht entsprechend (nämlich doppelt so hoch) bezahlt. Gesetzlich besteht ein Anspruch auf drei Monate Mutterschutz, aber schwangere Arbeiterinnen werden entlassen. Anders als der H&M-Kodex vorsieht, sind die Arbeitsplätze nicht sauber, sondern laut, schmutzig und überfüllt. Es gibt keine Kantine oder einen anderen Platz zum Essen. Weder existiert Kinderbetreuung noch medizinische Versorgung der Beschäftigten.

Nicht zuletzt wegen der erzwungenen Überstunden sind Frauen während der Nachtschichten verstärkt sexueller Belästigung und Gewalt ausgesetzt, in den Fabriken, aber auch auf dem Heimweg von der Arbeit. Zudem werden Frauen systematisch gegenüber Männern diskriminiert, betonte Amirul Haque Amin.

 

Levis in Indonesien

Über die Arbeitsbedingungen in einem indonesischen Zulieferbetrieb eines anderen Multis, nämlich Levis, der sich 1992 als erste Firma einen Verhaltenskodex auferlegt hat, berichtete Emilia J. Die 23 jährige Frau, die aus Angst vor Repressalien auf dem Tribunal nicht fotographiert werden wollte, arbeitet in einer Bekleidungsfirma in der Nähe von Jakarta. Ihre Arbeit dauert von 7 Uhr früh bis 21 Uhr abends, manchmal auch bis 23 Uhr (das sind 65 bis 74 Wochenstunden). Die Überstunden werden von der Firma erzwungen; die ArbeiterInnen trauen sich nicht, dagegen zu protestieren, um nicht entlassen zu werden. Emilia J., die sich im Vorjahr mit anderen ArbeiterInnen in der Garment Workers Association, einer "versteckt" arbeitenden NGO, zusammengeschlossen hat und deren Sprecherin ist, kennt auch die Arbeitsbedingungen in anderen Fabriken, die für Levis produzieren: Für einen Tageslohn von 5.000 Rupien bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 5.700 Rupien (umgerechnet öS 6,- bzw. öS 7,-) arbeiten ihre Kolleginnen in Yulinda Data an den Nähmaschinen. Wer zwei Wochen lang jeden Tag kommt, erhŠlt einen bescheidenen Bonus, aber wer Überstunden verweigert, wird entlassen.

In der Fabrik Sandrasine wiederum stehen 3.000 ArbeiterInnen - größtenteils Frauen -   nur 10 Toiletten zur Verfügung. Um sie benutzen zu können, braucht frau/man eine Karte, und šfters als dreimal täglich auf die Toilette zu gehen, hat Lohnabzüge zur Folge. Auch autoritäre Strafmaßnahmen sind üblich: Wer der Arbeit fernbleibt, und sei es wegen Krankheit, muß "als Warnung" stundenlang vor allen anderen Arbeiterinnen stehen.

Über Jahre hinweg hat die indonesische Regierung Suharto mit den in- und ausländischen Unternehmern kollaboriert und unabhängige Gewerkschaften unterdrückt. Im Vorjahr etwa drang am zweiten Tag des dreitägigen Gründungskongresses der Garment Workers Association die Polizei ein und unterbrach die Veranstaltung. Die OrganisatorInnen wurden eingeschŸchtert und festgenommen, doch trotz der Repressalien setzten die Frauen ihre Arbeit fort.

Repression

Ebenfalls mit massiver politischer Unterdrückung konfrontiert sind die ArbeiterInnen in China, die gegen die mit der Privatisierung und der Öffnung für ausländisches Kapital verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen protestieren. Ihnen wird vorgeworfen, Angst vor Reformen und Wettbewerb zu haben, nichts Neues lernen zu wollen und somit ein "Mentalitätsproblem" zu haben, berichtete der exilierte Aktivist Ciao. Doch 90% der ausländischen Firmen respektieren das Arbeitsrecht nicht, wobei besonders häufig die erlaubte Wochenarbeitszeit von 50 Stunden weit Ÿberschritten werde (70 bis 80 Stunden seien keine Seltenheit).

Vivien Liu vom Hongkong Monitor Res-source Center informierte, daß vor allem junge Frauen aus ländlichen Regionen im Südwesten Chinas für die arbeitsintensive Bekleidungsindustrie in den Ballungszentren angeworben werden. In den Fabriken sind die Frauen, die als sorgfältige Arbeiterinnen geschätzt werden, leicht unter Kontrolle zu halten. Das Hongkong Monitor Ressource Center hat im Auftrag des deutschen Südwind-Instituts die Arbeitsbedingungen in chinesischen Zulieferbetrieben von Nike, Otto und Adidas untersucht und massive Arbeitsrechtsverletzungen zutage gefördert. Eindrucksvoll schilderte Vivien Liu ihre Erfahrungen aus Gesprächen mit Arbeiterinnen, die sich nicht getrauen, gegen Erpressung der Firmenleitung, erzwungene †berstunden, Nichtauszahlung von Löhnen und Schikanen zu protestieren, weil es niemanden gibt, der sie vor der Entlassung schützen würde.

 

Unschuldige Konzerne?

Auf dem Tribunal wurden weltweite Ähnlichkeiten in bezug auf die Folgen der Globalisierung der Bekleidungsindustrie gezeigt. Das System der Auftragsvergabe an Zulieferer, die damit verbundene Flexibilisierung und Informalisierung der Arbeit, die mit Niedrigstlöhnen und Arbeitsrechtsverletzungen einhergeht, und eine häufige Komplizenschaft der Regierungen mit den Unternehmen schwächen die Rechte und den Widerstand der ArbeiterInnen. Gerade aufgrund dieser Veränderungen in der Arbeitswelt ist die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und NGOs notwendig, die in vielen Ländern Frauen, z.B. Heimarbeiterinnen, eher erreichen.

 

Verhaltenskodizes: Gut für das Image

Deutlich wurde auch, daß es in bezug auf Arbeitsrechtsverletzungen in Subunternehmen bislang relativ unerheblich ist, ob sich die großen europäischen Firmen nun einen eigenen Verhaltenskodex gegeben haben oder nicht. Viele Firmen benutzen ihn lediglich zur Abwiegelung von Kritik und zur Imageaufbesserung. Langfristig wird es daher wichtig sein, neben der Einrichtung von unabhngigen Kontrollen die legalen Instrumente zur Verfolgung von Arbeitsrechtsverletzungen zu stärken und Sanktionsmöglichkeiten zu schaffen, um die großen Bekleidungsfirmen in die Verantwortung zu nehmen, die derzeit - rein rechtlich gesehen - ihre Hände in Unschuld waschen.

cleanclothes

 

 

Wusstest du, dass in Betrieben, die für Nike produzieren:
 

 
und dass Nike  

Deshalb:

Unterstützen wir die für Nike Arbeitenden in
ihrem Kampf gegen diese SklavInnenbedingungen.
Es stört uns nicht, wenn du Nike trägst,
wir wollen deine Solidarität!

No Sweat – Kampagne gegen SklavInnenarbeit no_sweat@lion.cc oder 0676/406 83 14
 

Die Photos sind von der Anti-Nike-Aktion in Prag am 12.5. Die Polizei
verhaftete dort fünf Aktivisten, obwohl die Kundgebung legal angemeldet war.
Über die Verhaftungen wurde dann auch in den Hauptabendnachrichten
berichtet und auch der Videofilm - von dem diese Photos stammen -
gezeigt. Die Verhafteten wurden einige Stunden später wieder auf freien Fuß gesetzt. In den Medien wurden das Vorgehen der Polizei als
eigenmächtig kritisiert.

Grüße, Michael

 

 

Von Irland rund um die Welt

Die rasche Zunahme von sogenannten Freien Produktionszonen oder Weltmarktfabriken oder Maquilas ist einer der beunruhigendstenden Aspekte im Prozeß der Globalisierung des Arbeitsmarktes. Heute sind weltweit etwa 4,5 Millionen Menschen, vor allem Frauen, unter extrem repressiven Bedingungen in rund 70 afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern in solchen Freien Produktionszonen (FPZ) tätig.

Da über Entstehung und Definition der FPZ nicht gerade Klarheit herrscht, wollen wir kurz einen Blick auf die Entwicklung dieser Produktionsform werfen. Die Idee hinter der Gründung der Freihandelszonen war, daß Unternehmen Material importieren, das sie dann weiterverarbeiten und reexportieren, ohne daß hierfür Zoll bezahlt werden müßte. Bahnbrechend bei dieser Erfindung war ein europäisches Land, nämlich Irland. Als Anfang der 60er Jahre die Düsenflugzeuge das Auftanken vor der Atlantiküberquerung auf dem Shannon-Flughafen im Westen Irlands zunehmend überflüssig machten, kam den Iren eine besondere Idee: Sie verwandelten den Flughafen und das umliegende Gelände in eine Freihandelszone, um ausländische Investoren zum Bau von Herstellungsbetrieben anzulocken. Mit großem Erfolg. Die irische Idee wurde dann von von UN-Organisationen wie UNIDO und UNCTAD aufgegriffen und den Entwicklungsländern als erfolgversprechendes Instrument zur Industrialisierung empfohlen. Mitte der 60er Jahre entstanden dann in Asien, Mexiko und der Karibik die ersten dieser Freien Produktionszonen.

Rasche Expansion der Weltmarktfabriken

Auf Grund seiner Nähe zu den USA und seiner Wirtschaftspolitik war Mexiko federführend bei der Entwicklung der FPZ, die man hier auch als Maquiladora-Industrie bezeichnet. Maquila hieß in der Kolonialzeit das Mahlgeld, das der Müller für seine Arbeit einsteckte, also eine Teilarbeit auf dem Weg von der bäuerlichen Aussaat zum Brot. Und als Maquiladora taufte man in Mexiko jene Montageindustrie, die integriert ist in einen andernorts - zumeist in den USA - gesteuerten Produktionsprozeß, der billige Arbeitskräfte benötigt, um hohe Gewinne abzuwerfen. 1966 startete Mexiko ein eigenes Maquiladora-Programm zur Industrialisierung der Grenzregion zu den Vereinigten Staaten.

Mitte der 70er Jahre begannen dann auch mittelamerikanische Länder mit der Einrichtung von FPZ, doch begann deren Aufschwung erst Anfang dieses Jahrzehnts. Führend sind hier Honduras, Costa Rica, Guatemala und El Salvador. "Ganz El Salvador soll eine einzige Freie Produktionszone werden", so lautet z.B. die Vision des im Frühjahr 1994 an die Macht gekommenen Präsidenten Calderón Sol. Mehr als 80% der mittelamerikanischen Weltmarktfabriken produzieren für die Bekleidungsbranche.

Auch in der Karibik - hier vor allem in der Dominikanischen Republik, Haiti und Jamaika - ist der Großteil der Maquila-Beschäftigten in der Textilindustrie tätig. Weiters verlagern immer mehr US-Firmen aus dem Datenverarbeitungssektor ihre Produktion in die karibische Region.

Auf Grund der wirtschaftlichen Stärke mehrerer Staaten des südostasiatischen Raums - die sogenannten "Tiger" - haben diese Länder in den letzten Jahren verstärkt ihre Produktion ausgelagert, und zwar entweder in die mittelamerikanische Region oder in die noch verbliebenen Billiglohnländer der eigenen Umgebung, wie etwa Vietnam.

 

Frauen und Arbeitsmarkt

80 bis 90 Prozent aller Beschäftigten in den Maquila-Unternehmen sind Frauen, großteils ledig und mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren. Oberstes Prinzip des Marktes ist die "Flexibilität" der Arbeitskräfte oder, wirklichkeitsnäher ausgedrückt, das Prinzip des Heuerns und Feuerns. "Unflexible" ArbeiterInnen, d.h. solche, die auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher und gewerkschaftlicher Bestimmungen pochen, sind Repressionen ausgesetzt, die von Lohnkürzungen bis zur Entlassung reichen. Auf Grund ihrer gesellschaftlichen Diskriminierung, der Abwertung ihrer Fähigkeiten, dem Druck, als Alleinerzieherin eine Familie versorgen zu müssen usw., treten die Frauen unter denkbar ungünstigen Bedingungen in den Arbeitsmarkt ein. Oft bleibt ihnen nur die Option, als Hausangestellte, Maquila-Arbeiterin oder Prostituierte Geld zu verdienen.

Ein Bericht des Internationalen Bundes freier Gewerkschaften mit Sitz in Brüssel bezeichnet die Maquila-Industrie als "neue Konzentrationslager". Barbarische Akkordarbeit und keine reguläre Arbeitszeit, keine rechtliche Absicherung der Arbeitsplätze, Hungerlöhne und keine Überstundenbezahlung, mangelhafter Arbeitsschutz und häufig fehlende Krankenversicherung sind charakteristische Merkmale der Beschäftigung in den Weltmarktfabriken. Die nationalen Regierungen legen dabei den ausländischen Investoren keine Hindernisse in den Weg, und die Massen von unterbeschäftigten oder arbeitslosen Menschen erleichtern diese repressive Beschäftigungspolitik.

GEGENSTRATEGIEN

Es ist abzusehen, daß die Weltmarktfabriken in Zukunft weiter expandieren werden - eine globale Entwicklung, der auch nur im weltweiten Maßstab entgegengetreten werden kann.

 

Protest-Kampagne zum Schutz der Kaffeekooperative Mut Vitz
vor weiterer Gewalt und Mord
30. Oktober 2000

An: Gewählter Gouverneur des Staates Chiapas Pablo Salazar
Gewählter Präsident Mexikos Vicente Fox
Menschenrechtsorganisationen
Menschenrechtsaktivisten
Medien
Kongress und Senat der Vereinigten Staaten
Wirtschafts- und Welthandelsbehörden der Vereinigten Staaten
Europäische und deutsche Behörden
Bundeskanzler Gerhard Schröder

Die Kaffeekooperative Sociedad de Solidarid Social Mut Vitz (Gesellschaft der sozialen Solidarität Mut Vitz) ist eine Kooperative kleiner Kaffeeproduzenten der indigenen Maya aus sechs Kommunen im Hochland von Chiapas, Mexiko, die 1998 gegründet und rechtlich eingetragen wurde.

Seit 1996 kauft Kerry Appel als Geschäftsführer der The Human Bean Company, einer Gesellschaft zum fairen Handel mit Kaffe mit Sitz in Denver, Colorado/USA, Kaffee von indigenen Kaffeekooperativen in Chiapas. Die Leiter der Mut Vitz-Kooperative traf er 1998 seine Firma war die erste, die von diesen Produzenten Kaffe zu fairen Konditionen ankaufte. Bis zu diesem ersten Kaufabschluss hatten sie ihren Kaffee ausschließlich an lokale Aufkäufer verkaufen müssen, die allgemein als "Kojoten" bezeichnet werden, Leute, die traditionell den Bauern nur einen Bruchteil des Weltmarktpreises zahlen.

Seit Juli 1999 wird der Kaffee auch in Europa angeboten durch die Café Libertad Kooperative in Hamburg, die Bertschi AG und den Café RebelDía-Verein in der Schweiz. Die Gründung der Kaffeekooperative war ein Versuch der Produzenten, diesem System der wirtschaftlichen Ausbeutung zu entkommen, sich aus eigener Kraft aus der Armut zu erheben und den Prozess einer eigenständigen Entwicklung der Infrastruktur ihres Gemeinwesens zu beginnen.

Obwohl die Mitglieder der Kaffeekooperative inmitten der militärischen Besatzung durch mexikanische Bundesarmee und der paramilitärischen Gruppen, die mit der Armee und der Landespolizeiverbunden sind, leben, haben sie es geschafft, Absatzmärkte in den Vereinigten Staaten und Europa zu finden. Das wirtschaftliche Bild begann sich zu bessern. 1999 sah die Zukunft für Mut Vitz gut aus.

Die ersten Stunden des Neujahrstages 2000 haben diese Aussicht geändert. Um 5 Uhr früh am 1. Januar 2000, wurde Kerry Appel auf dem Rückweg von einer indigenenkulturellen Neujahrsfeier an einer Straßensperre der Armee angehalten, zum Verlassen Mexikosaufgefordert und auf Dauer des Landes verwiesen.

Dies war eine Steigerung gegenüber der schon früher ausgesprochenen Weigerung zur Verlängerung seines Geschäftsvisums. Das hält Kerry Appel und uns aber nicht an der Fortsetzung dieser Arbeit für den fairen Handel und die Menschenrechte ab, aber es erschwert sie selbstverständlich.

Am 13. Januar begann eine Serie von Morden, Anschlägen und eine Kampagne dubioser Verhaftungen von Mitgliedern der Kooperative Mut Vitz. Einschließlich der Vertreibung von Kerry Appel im Januar ist hier die Chronologie der Kampagne gegen Mut Vitz:

* 1. Januar: Kerry Appel, Käufer von Mut Vitz-Kaffee --- verhaftet
* 3. Januar: Kerry Appel --- ausgewiesen
* 13. Januar: Martin Sanchez Hernandez, aus Chavajebal, ---ERMORDET
* 1. Februar: Martin Gomez Jimenez, aus Chavajebal,-- ERMORDET; (Witwe Rosa Sanchez Perez, 2 Kinder)
Lorenzo Perez Hernandez, aus Chavajebal, --- ERMORDET; (Witwe Rosa Sanchez Nunez, ein Kind)
Rodolfo Gomez Ruiz, aus Chavajebal --- ERMORDET; (Witwe Petrona Gomez Sanchez, 8 Kinder)
Mateo Jimenez Nunez -- SCHWER VERLETZT durch Schüsse; (Ehefrau Maria Gomez Sanchez, ein Kind)
* 16. Februar: Manuel Nunez Gomez, aus Bochil, La Lagunita --- ERMORDET
Juli: Kerry Appel --- Mexikanisches Gericht hebt Einreiseverbot auf
* 26. Juli:Salvador Lopez Gonzalez --- VERHAFTET
* 27. Juli:Pascual Sanchez Gomez, aus Chavajebal --- ERMORDET; (Witwe Magdalena Hernandez Gomez, 5 Kinder)
? 2. August:Lucio Gonzalez, Vorsitzender von Mut Vitz --- INHAFTIERT
? August: Kerry Appel --- Mexikanische Ausländerbehörde verfügt erneut Ausweisung und Verbannung
? 9. September: Marcos Ruiz Gómez aus San Antonio el Brillante --- ERMORDET; Die Leiche von Marcos Ruiz Gómez, weist Spuren von äußerst brutaler Gewalt auf, das Gesicht ist völlig verunstaltet, Augen und Zunge wurden herausgerissen und der Schädel wurde übel zugerichtet. Wir wurden durch Mut Vitz informiert, dass Marcos Ruiz Gómez Mitglied der Genossenschaft war, kurz vor seiner Ermordung jedoch ausgetreten ist.

Im August wurde Kerry Appel ein Brief von Mut Vitz übergeben. Das spanische Original und unsere Übersetzung dokumentieren wir hier:

Mut Vitz, Sociedad de Solidaridad Social
Avenida Ignacio Allende #4, Centro Historico
San Cristobal de las Casas, Chiapas, Mexico
Tel. 00-52-961-25095, 00-52-967-82104
R.F.C. MVI-980813-DA5, Registro de Exportar 2335

Chiapas, Mexico a 20 de Agosto

Presente:

Por este medio les daremos a saber por parte de la Sociedad Mut

Vitz S: de S.S. denuncia a losmedios de comunicacion y a derechos humanos, a la sociedad civil nacional y internacional y a losnegociantes de comercio justo y al Gobierno de Mexico y Estados Unidos de America lo que haestado pasando en estos meses.

En enero mataro un socio de Chavajeval, municipio de San Juan de la Libertad, en febreromurio otros 3 en el camino de la misma comunidad, en junio otro uno, en julio llevaron a la carcel 2de Union Progresso, agosto llevaron a carcel el presidente dela Sociedad Mut Vitz. Esto estapasando en las comunidades en resistencia.

Esto es parte de guerra sucia de Gobierno de oprimir a las indigenas que luchan por democracia,justicia y libertad para todos.

Deutsche Übersetzung:

Auf diesem Wege informieren wir Euch von Seiten der Mut Vitz S.S. über die Anklagen gegen über den Pressemedien und Menschenrechtsgruppen, der nationalen und internationalen bürgerlichen Gesellschaft und den Personen im fairen Handel sowie den Regierungen Mexikos und der Vereinigten Staaten, über das, was in diesen Monaten geschehen ist.

Im Januar wurde ein Mitglied aus Chavajeval, Gemeinde San Juan de la Libertad, getötet, im Februar starben drei andere in derselben Gemeinde auf offener Straße, im Juni ein weiterer, im Juli wurden zwei Leute vom Union Progresso ins Gefängnis geworfen, im August verhafteten sie den Präsidenten der Mut Vitz. Dies geschieht in den Gemeinden im Widerstand. Es ist Teil des schmutzigen Krieges der Regierung zur Unterdrückung der indigenen Gemeinschaften, die um Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit für jedermann kämpfen.

 

Es ist offenkundig, dass diese Vertreibungen, Festnahmen und Ermordungen Teil einer vorsätzlichen Kampagne gegen die Gemeinden im Widerstand im allgemeinen und speziell gegen die Mitglieder der Kaffeekooperative Mut Vitz sind. Zum einen geschehen alle diese Morde an Angehörigen der autonomen Gemeinden im Widerstand und kein an Angehörigen der staats-(PRI-) treuen Gemeinden. Das Ausmaß der Gewalttätigkeit ist auch insgesamt wesentlich höher als was ein Statistiker ein "Normalmaß" der Gewalt nennen würde. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich hier um eine vorsätzliche Gewaltkampagne handelt, ergibt sich daraus, dass diese Morde mitten in einem massiv militärisch besetzten Gebiet geschehen. Es gibt mehrere paramilitärische Gruppen, die in Chiapas operieren, die unmittelbare Verbindungen zur Armee, Polizei und zur Regierung von Chiapas unterhalten. Es gibt eine paramilitärische Gruppe genau im Zentrum des Gebietes, in dem sich die Morde ereignen, mit Namen "Los Platanos". Ich habe es mehrfach erlebt, dass Mitglieder der Mut Vitz mich darauf hinwiesen, wie die Paramilitärs Übungen durchführten, während die Staatspolizei auf einem Hügel jenseits des Tals stillhielt. Als Beweis dafür, dass die mexikanische Armee und die Paramilitärs bei Morden zusammenarbeiten könnten, muss man sich nur vergegenwärtigen, wie die Armee im Juni 1998 gemeinsam mit Paramilitärs Chavajebal und Union Progresso besetzte. Sie töteten drei Angehörige der autonomen Gemeinden auf der Stelle und fünf weitere, nachdem sie diese zuvor verhaftet hatten. Es ist sehr bedenklich festzustellen, dass es viele Ähnlichkeiten gibt zwischen den Ereignissen, die jetzt in den Gemeinden der Mitglieder der Mut Vitz stattfinden, und jenen, die dem Massaker an 46 indigenen Menschen in Acteal im Dezember 1997 vorhergingen.

Die Human Bean Company, Mitglieder der Businesses for Human Rights and Equitable Tradein Chiapas (BETHRIC), sowie Mitglieder von Solidaritätsgruppen und Vertreter des fairen Handels aus Europa haben mit den Mitgliedern der Kaffeekooperative Mut Vitz in vielen Projekten zusammengearbeitet. Diese Projekte reichen von Hühner- bis Schweineställen, von Wiederaufforstungen bis Toilettenbauten, von medizinischen Stationen bis zu Öfen zum Brotbacken.

Als Lohn für Mut Vitz und all ihre Freunde und Verbündeten, die zusammenarbeiten für einen fairen Handel, der die Rechte der indigenen Menschen respektiert, bekommen ernten sie Vertreibung, Verhaftung und Mord.

Wir fordern den designierten Präsidenten Mexikos Vicente Fox und den neuen Gouverneur des Staates Chiapas auf, das San Andres-Abkommen und die COCOPA-Initiative für Indigene Rechte und Kultur anzuerkennen und die paramilitärischen Gruppe zu entwaffnen und die Armee in die Kasernen zurückzubeordern. Des weiteren fordern wir sie auf, das Morden an Mut Vitz-Mitgliedern zu beenden. Und wir fordern die Menschen und die Medien und Regierungen aller Länder auf, Druck auf die mexikanische Regierung auszuüben, damit diese Kampagne der Gewalt beendet wird.

Bei all den Reden, die Vicente Fox und Pablo Salazar zur Zeit über die Wohltaten von Handel und Investitionen und die angenommene Demokratisierung Mexikos und die angeblichen Verbesserungen in der Menschenrechtsfrage halten, haben wir zu fragen: "Gelten diese Wohltaten nicht auch für indigenen Menschen und die Händler des fairen Handels?"

Unterzeichnet von:
Kerry Appel, The Human Bean Company, Denver - USA
Folkert Mohrhof, Café Libertad Kooperative, Hamburg - Deutschland
ZapaPres, Hamburg - Deutschland
Direkte Solidarität mit Chiapas und Café RebelDía, Zürich - Schweiz

Anmerkung: Die Tatsachenbehauptungen in diesem Text beruhen auf einer umfangreichen Dokumentation. Ich habe buchstäblich Tausende von Videoaufzeichnungen, Polizeiberichten, Zeitungsartikeln, Zeugenaussagen, eigenen Beobachtungen und weiteren Berichten, die alle getroffenen Behauptungen stützen.

Kerry Appel