Agenda2000
und die Globalisierung des Bauernlebens
Milchsee,
Butterberg, Rindfleischhalde
AMA
klagt auf Unterlassung
BSE:
Fleisch, Wahnsinn & Profite
Begriffe
aus dem Lexion für Landwirtschaft
Land, Wasser, Wald, Tierwelt, Wasserlebewesen und mineralische Rohstoffe sind keine Waren, sondern die Quelle unseres Lebens. Seit Jahrzehnten verdoppeln und verdreifachen die Kräfte, die aus der Finanzwirtschaft und dem Markt hervorgegangen sind, ihre Profite und verstärken ihre Einflußnahme auf Politik und Wirtschaft, indem sie diese Ressourcen auf Kosten des Lebens und der Existenzgrundlage vieler Menschen in aller Welt einfach rauben. Seit Jahrzehnten ermöglichen Weltbank, IMF und jetzt auch die WTO in einer Allianz mit den Nationalregierungen und mit Konzernen Feldzüge zur Beschlagnahmung der Umwelt. Das Ergebnis davon sind Umweltzerstörung, tragische und nicht zu bewältigende soziale Vertreibungen sowie das Auswischen kultureller und biologischer Vielfalt, von der ein Großteil unwiederbringlich verlorengeht, ohne daß diejenigen, die davon abhängig sind, Schadenersatzsansprüche geltend machen könnten.
"Produktion" von "Tiermehl"
Das vom nationalen und globalen Kapital geschaffene Gefälle innerhalb der Länder und zwischen den Ländern ist in dem Maße größer geworden, wie die Reichen die natürlichen Ressourcen von Gemeinschaften, Bäuerinnen und Bauern, LandarbeiterInnen, FischerInnen, Stämmen und indigenen Völkern, Frauen und sozial Benachteiligten einfach verschwinden lassen. Die durch Handels- und Investitionsabkommen auferlegte zentralisierte Kontrolle über die natürlichen Ressourcen läßt keinen Spielraum für Nachhaltigkeit zwischen den und innerhalb der Generationen.
aus dem Manifest der PGA, www.agp.org:
Indem die Unterprivilegierten einen Kampf
gegen das weltweite Paradigma des Kapitals führen, arbeiten sie auf
die Wiedererlangung ihres natürlichen Erbes und den Wiederaufbau integrierter,
egalitärer Gemeinschaften hin. Wir träumen von einer dezentralen
Wirtschafts- und Regierungsform, der das Recht von Gemeinschaften auf natürliche
Ressourcen und das Recht, ihre eigene Entwicklung zu planen, zugrunde liegen,
wobei Gleichberechtigung und Unabhängigkeit die zentralen Grundwerte
darstellen müssen. Anstelle von verzerrten Prioritäten, die uns
durch die weltweite Planung des Verkehrswesens, der Infrastruktur, der
Energieversorgung und energieintensiver Technologien auferlegt werden,
behaupten sie ihr Recht auf ein Leben, das die Befriedigung der Grundbedürfnisse
eines jeden Menschen garantiert und der Gier einer auf Konsum fixierten
Minderheit Einhalt gebietet. Wir respektieren traditionelles Wissen und
traditionelle Kulturen, die mit Werten wie Gleichberechtigung, Gerechtigkeit
und Nachhaltigkeit im Einklang stehen, und sind fest entschlossen, kreative
Wege zu entwickeln, um unsere natürlichen Ressourcen sinnvoll und
sparsam zu nutzen sowie gerecht zu verteilen.
Agenda 2000:
Mörderische Überschußproduktion -
Die Globalisierung des Bauernlebens.
Serie von Gerhard Klas (V/Schluß), Berlin, Junge Welt vom 26.02.1999
Fünfhunderttausend Tonnen Rindfleisch liegen allein in der EU in Tiefkühlhäusern, Butterberge türmen sich. Mit der Agenda 2000 und den damit einhergehenden Senkungen der Garantiepreise für Rindfleisch, Getreide und Milch gibt EU- Agrarkommissar Franz Fischler vor, dieser Überproduktion einen Riegel vorschieben zu wollen. Allein die Erhöhung der Produktionsquoten, z. B. für Milch, paßt nicht in dieses Konzept. Sie ist vielmehr Beleg dafür, daß die Preissenkungen eher der Sanierung des EU-Haushalts als der Vermeidung von Überproduktion dienen sollen. Alles in allem entsprechen die agrarpolitischen Maßnahmen der Agenda 2000 den Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO), deren Hauptaufgabe die Regulierung - bzw. Deregulierung - des Weltmarkts ist. Mit der Agenda 2000 will sich die EU auf die kommenden WTO-Verhandlungen im Dezember dieses Jahres vorbereiten.
Schon heute ist die EU größter Exporteur von Lebensmitteln. Damit das so bleibt, ist die Überschußproduktion jedoch weiter notwendig, denn nur mit günstigen Preisen kann sich die EU-Agrarindustrie zur Zeit auf dem Weltmarkt behaupten. Die Leidtragenden sind nicht nur die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sowie die Klein- und Ökobauern in Europa, sondern vor allem auch ihre Kollegen in der Dritten Welt.
In den letzten Jahren hat sich im Zuge der Globalisierung innerhalb der internationalen Bauernschaft mehr und mehr eine Art »Klassenbewußtsein« durchgesetzt. Auf der einen Seite stehen die Kleinbauern, oftmals Pächter des von ihnen bewirtschafteten Landes. Auf der anderen Seite befinden sich die Nahrungsmittelindustrie und agrarindustrielle Großbetriebe.
Seit 1993 hat dieses »Klassenbewußtsein« in der internationalen Bauernorganisation »La via campesina« seinen organisatorischen Ausdruck gefunden. Das Gründungstreffen von La via campesina fand in Mons/Belgien statt und war vor allem vom Widerstand gegen die damals kurz vor dem Abschluß stehenden GATT- Agrarverhandlungen, aus denen die WTO hervorging, inspiriert. La via campesina bezeichnet sich selbst als einen Zusammenschluß von Kleinbauern, armer Landbevölkerung, indigenen bäuerlichen Gemeinschaften, Landarbeitern und landlosen Bauern. Zu den Mitgliedsorganisationen gehören u. a. die europäische Bauernkoordination CPE, die brasilianische Landlosenbewegung MST, die polnische Peasant Solidarnosc und die indische Bauernorganisation KRRS.
Nach Ansicht der Organisation bedeutet Landwirtschaft unter den Bedingungen der WTO Überschußproduktion für den Export in einigen Regionen der Welt, die mit der Zerstörung der Nahrungsmittelproduktion in anderen Gegenden einhergeht. Die Folgen des hoch subventionierten Nahrungsmitteldumpings aus den Industrieländern sind mörderisch. 400 Kleinbauern im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh haben im Winter 1997/98 aus Verzweiflung Selbstmord begangen, weil ihre wirtschaftliche Situation hoffnungslos war, berichtet La via campesina. Die Liberalisierungspolitik der WTO löst außerdem eine neue Welle von Landflucht aus. »Der Zugriff auf Land wird für Konzerne erleichtert, während Bauernfamilien immer weniger Zugang haben - weltweit wurden Millionen Familien gezwungen, das Land zu verlassen, einschließlich zwei Millionen Menschen allein in den letzten Jahren in Brasilien«, so die internationale Bauernorganisation.
Im Mai 1998 war La via campesina mit auf der Straße, als mehrere tausend Menschen gegen die Ministerkonferenz der WTO in Genf demonstrierten. Es sei unannehmbar, so die Organisation, »die Regeln zur Erzeugung von Lebensmitteln von der sogenannten »Freihandelsordnung« und damit von den transnationalen Konzernen, die den internationalen Handel dominieren, diktieren zu lassen«. La via campesina setzt sich dafür ein, die Agrarwirtschaft aus dem Zuständigkeitsbereich der WTO wieder herauszunehmen. Die Bauernorganisation fordert, daß souveräne Staaten ihre eigene Agrarpolitik gestalten müssen, »um damit auch ihre Ernährungssouveränität garantieren zu können«.
In einem Interview mit der »Unabhängigen Bauernstimme« verdeutlichte Rafael Alegria aus Honduras, Mitarbeiter im internationalen Sekretariat von La via campesina, die Differenz zur WTO. »Wir glauben nicht«, so der Sprecher, »daß die Ernährungssicherheit durch den internationalen Handel gewährleistet wird und das Problem nur darin besteht, das nötige Geld zu haben, um die Nahrungsmittel zu kaufen«. Die europäische Agrarpolitik zerstöre »die Märkte des Südens«. MST und KRRS, beide Mitgliedsorganisationen bei La via campesina, haben deshalb ihre Teilnahme an Protesten gegen die Doppelgipfel kommenden Juni in Köln angekündigt. La via campesina wird auch wieder im Dezember gegen die »Jahrtausendkonferenz« der WTO auf die Straße gehen.
Diese Subventionspolitik enstand in den 50er-Jahren aus der Not heraus: Die deutsche Landwirtschaft produzierte zu wenig. So wurde ein Interventionsmechanismus entwickelt, der versprach, den Bauern die Waren abzukaufen, die sie nicht auf dem freien Markt würden absetzen können. Diese Form der Subvention entspricht einer Preisgarantie ohne Mengenbeschränkung. Und der Plan ging auf: die Produktion von Milch, Getreide und Vieh stieg gewaltig.
Das Höfesterben in Deutschland konnte jedoch auch mit Subventionen nicht gestoppt werden. Auch 1999 ging die Zahl der Betriebe ab zwei Hektar um fünf Prozent auf 429 000 weiter zurück.
Was sich in den 50er-Jahren als ein kostengünstiges System erwies, wurde mit den Jahren immer teurer, da immer mehr Überschuss produziert wurde und die Gemeinschaft immer mehr aufkaufen musste. Hinzu kamen weitere Kostenfaktoren: Getreide, Milch, Butter und Rindfleisch mussten nicht nur aufgekauft, sondern auch gelagert werden. Auch das kostete. Auf dem Weltmarkt ließen sich die Produkte nicht ohne Subventionen absetzen. Denn der Weltmarktpreis lag unter dem Preis, der Bauern der Mitgliedsländern von der Gemeinschaft bezahlt wurde.
"Das Problem begann im Grunde schon in den 60-ern", sagt Erhard Richard, Abteilungsleiter Milch bei der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswissenschaft (ZMP). Denn schon damals gab es immer wieder kleine Butterberge. Aber die wurden in regelmäßigen Abständen von Rußland aufgekauft. Um das Anwachsen der Butterberge zu stoppen, führte die EG 1984 die Milchquote ein. Jeder Betrieb in dem Mitgliesländern durfte nur noch eine bestimmte Menge an Milch produzieren. Für jedes Mehr an produzierter Milch mussten die Bauern zahlen. Trotz Milchquote wuchs der Butterberg weiter und erreichte 1987 seinen Höchststand von 1,4 Millionen Tonnen. «Damals war die Milchquote zu hoch angesetzt, da zwischen 1984 und 1987 der Export von Milch deutlich zurück ging», sagt Richard. Heute hat die Milchquote gegriffen. Der Butterberg ist auf ein "Hügelchen" von 59 000 Tonnen geschmolzen. 1999 zahlte die EU nur noch rund 2,6 Milliarden Euro der insgesamt 40,7 Milliarden Euro Agrarsubventionen an die Milchlandwirtschaft.
Erst 1992 wurde zum ersten Mal mit der McSharry-Reform der Versuch gemacht, die Interventionszahlungen zu reduzieren, um der Überproduktion Herr zu werden. Der Getreideinterventionspreis wurde um 30 Prozent gesenkt. Die Bauern erhalten seitdem eine Prämie, eine so genannte "Direktbeihilfe", wenn sie Flächen brach liegen lassen. Sprich: nichts produzieren.
Die Reform wurde in der Agenda 2000 fortgeführt. Die Interventionsgrenzen wurden gesenkt, um die Kostenexplosion im Agrarbereich einzudämmen. Inzwischen zeigen sich schon erste Erfolge: die Weltmarktpreise für Getreide liegen derzeit über denen in Europa. Die Exportsubventionen entfallen somit.
Nach Butterbergen und Milchseen häuft sich jetzt eine Fleischhalde an. "Nach der ersten BSE-Krise hatten wir schon einen Berg von über 600 000 Tonnen Rindfleisch", sagt Christine Amling, stellvertretende Abteilungsleiterin Vieh und Fleisch bei der ZMP. Und er wird wachsen und wachsen. Zu den Aufkaufkosten kämen die Lagerungskosten . . . wie gehabt.
AMA
(Agrarmarkt Austria) klagt VgT auf Unterlassung
David gegen Goliath - Agrarlobby will mit teurer Klage Kritiker mundtot machen
Anfang Jänner erreichte den Verein gegen Tierfabriken eine Klage der AMA auf Unterlassung, Widerruf und Feststellung sowie ein Antrag auf Einstweilige Verfügung, mit einem Streitwert von öS 500.000.- !
Der Grund: Eine Presseaussendung des VgT vom 7.12.00 anläßlich einer Kundgebung vor dem Landwirtschafts-ministerium. Die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen sieht die mit einem Jahresbudget von über 500 Millionen Schilling aus Steuergeldern finanzierte AMA als "geeignet, unseren Kredit, unser Fortkommen und unseren Erwerb zu gefährden."
Bereits vor drei Jahren hat der VgT ein Schreiben an die AMA gerichtet, in dem nach den Fütterungs-, Zucht- und Haltungsrichtlinien gefragt wurde Etwa, ob Hühnerbatteriehaltung verboten sei, um das AMA-Gütesiegel zu erlangen. Ebenso wurde die Frage nach der Fütterung gestellt, in BSE-Zeiten ja nicht uninteressant.
Aus dem Antwortschreiben wurde ersichtlich, daß z.B. die Hühnerkäfighaltung nicht verboten ist, wie die Verfütterung von Tiermehl. Erlaubt war demnach auch die Verfütterung von Schlachtabfällen und genmanipu-liertem Sojaschrot. Das alles entspricht den AMA-Richtlinien ! Von konkreten Vorschriften über artgemäße Tierhaltung und gesunde Fütterung findet man darin allerdings keine Spur!
Aber auch die Bauern selbst leiden unter ihrer eigenen "Vertretung": Wer z.B. nicht innerhalb einer Woche die Geburt eines Kalbes meldet, wird mit Verkaufsverbot belegt! Und das, obwohl noch immer täglich ca. 15 bäuerliche Klein- und Mittelbetriebe für immer zusperren müssen...
"Arbeitsbedingungen" im AMA-Betrieb
Sind wir in unserem Land schon so weit, daß
das Aussprechen von Tatsachen zu Klagen führt, mit dem Ziel, eine
kleine Organisation finanziell zu "vernichten", die es als ihr oberstes
Gebot sieht, Leid zu verhindern, und zwar sowohl das von Tieren, als auch
letztendlich jenes der Menschen?
Hier die erwähnten "Klagspunkte":
Wir sehen dieser Klage mit Gelassenheit entgegen und werden sie notfalls bis vor den OGH ziehen. Denn Tatsache ist, daß alle "Anschuldigungen" der Wahrheit entsprechen und durch jahrelang gesammelte Werbeaussagen der AMA belegt werden können.
BSE:
Fleisch, Wahnsinn & Profite
Der aktuelle BSE-Skandal ist nur ein weiterer in einer Reihe von Schreckensmeldungen aus der Tierausbeutungs-Industrie. Zuletzt war bekannt geworden, dass in Belgien dioxinverseuchter (Dioxin ist neben
Plutonium einer der giftigsten Stoffe überhaupt) Klärschlamm an Rinder verfüttert worden war, eine Übertragung des Giftes auf Menschen konnte nicht ausgeschlossen werden. Der BSE-Skandal, der Dioxin-Skandal und die periodisch wiederkehrende Salmonellen-Skandale bei Hühnern sind keine Irrläufer des kapitalistischen Systems, sondern seine logischen Folgen. Hinter all diesen Skandalen steht die Gier nach höheren Profiten und die Zwänge des kapitalistischen Wettbewerbs. Angetrieben durch die Gier nach Profite werden langfristige Schäden für Menschen, Tiere und die Umwelt bereitwillig in Kauf genommen. Ende der 70er hatten beispielsweise die britischen TierausbeuterInnen begonnen zermahlene Schlachtabfälle an Pflanzenfresser wie Rinder, Schafe und Hühner zu verfüttern, um Kosten zu sparen. Schlachtabfälle waren billiger als konventionelle Futtermittel. Rücksicht auf die Gesundheit der Tiere und Menschen wurde nicht genommen. Um noch mehr Profite einzustreifen wurde schließlich Anfang der achtziger Jahre ein noch billigeres Verfahren entwickelt: indem die Verarbeitungstemperaturen auf unter 80 Grad Celsius abgesenkt wurden, wurden Heizkosten eingespart. Bei dieser Temperatur wird der BSE-Erreger aber nicht vernichtet.
Die Tierausbeutungs-Industrie ist einer der größten
Sektoren der Wirtschaft, die EU allein produziert jährlich 8 Millionen
Tonnen Rind- und Kalbfleisch. In einer Gesellschaft, die an Profiten und
finanziellen Gewinnen ausgerichtet ist, sind die TierausbeuterInnen einerseits
dem Zwang ausgesetzt ständig billiger als die Konkurrenz produzieren
zu müssen und andererseits mit den ökonomischen und politischen
Mitteln ausgestattet unangenehme gesetzliche Regelungen zu verhindern,
hinauszuzögern, zu verwässern oder sie einfach zu umgehen.
So wurden auch in Österreich Fälle bekannt, wo versucht wurde deutsches Rindfleisch nach Österreich zu schmuggeln und der deutsche Tiermehlkonzern Samaria, der ein Sechstel des deutschen Tiermehls herstellt, gab nach dem Tiermehlverbot bekannt nun verstärkt in Länder zu exportieren, in denen es noch keine entsprechenden Regelungen gibt. Solange unsere Gesellschaft kapitalistisch organisiert ist, werden die Skandale nicht aufhören, da der Irrsinn der Marktwirtschaft sie notwenig hervorbringt. Wer aber schon jetzt etwas für seine/ihre Gesundheit und die Tiere tun will, der/dem sei geraten Fleisch ganz vom Speiseplan zu streichen.
von Fahim Amir
Begriffe
aus dem Lexion für Landwirtschaft